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Lore Kutschera, geborene Belani; eigentlich Eleonore Kutschera (* 14. September 1917 in Villach, Kärnten; † 16. Oktober 2008 in Klagenfurt) war eine österreichische Botanikerin und international anerkannte Wurzelforscherin. Die von ihr herausgegebenen monumentalen Atlasbände über die Morphologie, Anatomie, Ökologie und räumliche Verteilung der Wurzeln im Boden gelten als wissenschaftliche Standardwerke. Durch ihr engagiertes Wirken bis ins hohe Alter hat sie dem interdisziplinären Gebiet der Wurzelforschung (Wurzelökologie) wegweisende Impulse gegeben. Unter ihrer Ägide wurde 1982 die International Society of Root Research gegründet.

Lore Kutschera
Lore Kutschera

Leben


Lore Belani, Tochter eines Hochbauingenieurs, besuchte das Gymnasium in Villach und bestand 1935 die Reifeprüfung. Im gleichen Jahr begann sie ein Studium der Landwirtschaft an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, das sie 1939 mit der Graduierung zum Diplomingenieur erfolgreich beendete. Anschließend arbeitete sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Angewandte Pflanzensoziologie in Villach. Hier betreute sie mit pflanzensoziologischen Methoden Versuche zur Verbesserung von Almstandorten. 1942 heiratete sie den Diplomingenieur Friedrich Wilhelm Kutschera, der als Soldat des Zweiten Weltkrieges 1945 für vermisst erklärt wurde.

Von 1945 bis 1953 war Lore Kutschera bei der Kärntner Landesregierung tätig, zunächst im Schuldienst und ab 1950 beim Landesplanungsamt. Ihre Aufgabe, das Gebiet des Keutschacher Moor-Seentals in Kärnten monographisch zu bearbeiten und zu kartieren sowie für dieses Gebiet einen Wirtschaftsplan zu erstellen, hat sie innerhalb von drei Jahren mit großem Engagement durchgeführt. 1953 gründete sie in Klagenfurt ein privates Pflanzensoziologisches Institut und beriet landwirtschaftliche Betriebe. Im Rahmen dieser Beratungstätigkeit galt ihr wissenschaftliches Interesse mehr und mehr den Pflanzenwurzeln.

1953 weilte Lore Kutschera zu einem Studienaufenthalt in den USA. An der Universität Nebraska lernte sie den Pflanzenökologen John Ernest Weaver kennen, einen der bedeutendsten Wurzelforscher seiner Zeit. Von ihm und anderen Botanikern erhielt sie nachwirkende Anregungen für ihre eigenen Forschungen. In den folgenden Jahren legte sie in Kärnten mit einer speziellen Ausgrabungstechnik die Wurzeln vieler landwirtschaftlicher Kulturpflanzen und Unkräuter frei und dokumentierte deren räumliche Verteilung im Boden in Abhängigkeit von den Standortfaktoren. Als Ergebnis dieser Studien erschien 1960 ihr Wurzelatlas mitteleuropäischer Ackerunkräuter und Kulturpflanzen, ein Handbuch, das ihren wissenschaftlichen Ruf als Wurzelforscherin begründete.

Seit 1961 leitete Lore Kutschera die neugegründete Abteilung für Botanik und Pflanzensoziologie an der Höhere_Bundeslehr-_und_Forschungsanstalt_Raumberg-Gumpenstein in Gumpenstein bei Irdning im steirischen Ennstal, damals "Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft". 1962 verlieh ihr die Hochschule für Bodenkultur in Wien den Doktorgrad. 1969 habilitierte sie sich am Botanischen Institut dieser Hochschule mit der Arbeit Ackergesellschaften Kärntens als Grundlage standortgemäßer Acker- und Grünlandwirtschaft. 1978 erfolgte ihre Ernennung zum außerordentlichen Professor. Am 31. Dezember 1982 schied sie aus dem Landes- und Hochschuldienst aus. Seitdem war sie in körperlicher und geistiger Frische weiterhin aktiv auf dem Gebiet der Wurzelforschung tätig.


Forschung und Lehre


In Gumpenstein lag der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Tätigkeit von Lore Kutschera auf dem Gebiet der angewandten Pflanzensoziologie, dem Kernkompetenzfeld der Grünlandlehre. Das galt auch für ihre Lehrtätigkeit an der Hochschule für Bodenkultur in Wien. Auf zahlreichen Exkursionen hat sie Studierende und Landwirte für aktuelle pflanzensoziologische Fragen begeistert. Angewandte Pflanzensoziologie war für sie vor allem zukunftsorientierte Ökosystemforschung, die in allen Gebieten des Landbaus, der Landschaftspflege und Landnutzung hineinreicht. Frühzeitig hat sie sich für den Umweltschutz eingesetzt und in mehreren Untersuchungen die schädlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen und unsachgemäßer Ausbringung von Gülle auf das Wachstum von Grünlandpflanzen untersucht.

Für Lore Kutschera war Pflanzenforschung jedoch vor allem Wurzelforschung aber immer mit Blickrichtung auf die Gesamtpflanze. Dieses bis dahin wenig beachtete Teilgebiet der Botanik wurde nach 1960 ihr eigentliches wissenschaftliches Arbeitsfeld. In Gumpenstein fand sie die institutionellen Gegebenheiten für grundlegende Forschungsarbeiten zur Ökologie, Soziologie, Morphologie und Anatomie der Pflanzenwurzeln. Mehreren begeisterten Wissenschaftlern bot sie hier die Möglichkeit zur Mitarbeit. Ihr engster Mitarbeiter war Erwin Lichtenegger, der von den im Freiland ausgegrabenen Wurzelsystemen mit künstlerischer Präzision detailgetreue Feinstrichzeichnungen anfertigte und ab dem zweiten Band der Wurzelatlas-Reihe bei allen freigelegten Pflanzen auch deren oberirdischen Teile zeichnete. Bei den anatomischen Wurzeluntersuchungen unterstützte sie ihre langjährige Mitarbeiterin Monika Sobotik, ihre spätere Nachfolgerin an der Bundesanstalt Gumpenstein.

Alle wichtigen Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten über die Pflanzenwurzeln hat Lore Kutschera gemeinsam mit Erwin Lichtenegger und Monika Sobotik in einer monumentalen Wurzelatlas-Reihe veröffentlicht. Nach ihrem Erstlingswerk aus dem Jahre 1960 sind 1982 der Wurzelatlas mitteleuropäischer Grünlandpflanzen und 1992 zwei weitere Teilbände erschienen. 1997 folgte als fünfter Band die Bewurzelung von Pflanzen in verschiedenen Lebensräumen und 2002 als sechster Band der Wurzelatlas mitteleuropäischer Waldbäume und Sträucher. Als siebenter Band dieser Reihe erscheint 2009 der Wurzelatlas der Kulturpflanzen des Ackerlandes gemäßigter Gebiete mit Arten des Feldgemüsebaus.

Diese sieben Bände mit ausführlicher Beschreibung der Untersuchungsmethoden und Techniken zur Herstellung der räumlichen und anatomischen Wurzelbilder gelten als einzigartige Dokumente der Wurzelforschung. In Rezensionen wurde diese Atlas-Reihe wiederholt als „Jahrhundertwerk der Wurzelforschung“ bezeichnet. Die meisten Bände enthalten umfangreiche Verzeichnisse mit den wichtigsten Veröffentlichungen der internationalen Wurzelforschung. Auch die von Lore Kutschera in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publizierten Beiträge sind in diesen Bänden bibliographisch erschlossen. Hervorzuheben sind dabei ihre experimentellen Arbeiten zur Erklärung des Geotropismus der Wurzeln. Durch Beobachtungen von Pflanzenwurzeln an Standorten in unterschiedlichen Klimaregionen, aber auch durch Modellversuche konnte sie nachweisen, dass die Schwerkraft mit Hilfe der von ihr gesteuerten Wasserabgabe und -aufnahme das geotrope Krümmungswachstum der Wurzeln verursacht.

Im September 1982, zum Abschluss ihrer Tätigkeit an der Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft in Gumpenstein, organisierte Lore Kutschera in Irdning einen mehrtägigen Wurzelkongress mit starker internationaler Beteiligung. Am letzten Tag dieses Kongresses wurde unter ihrer Ägide in Klagenfurt die Internationale Gesellschaft für Wurzelforschung (International Society of Root Research) gegründet und sie zur Vizepräsidentin gewählt. 1991 organisierte sie in Wien den dritten Weltkongress dieser disziplinübergreifenden Fachgesellschaft und publizierte einen umfangreichen Tagungsbericht.

Auch im hohen Alter besuchte Lore Kutschera noch wissenschaftliche Tagungen, unternahm Forschungsreisen und hielt Vorträge. In den letzten Jahren arbeitete sie überwiegend an der Fertigstellung des siebenten Bandes ihrer Wurzelatlas-Reihe. Sie war Mitglied in mehreren botanischen Fachgesellschaften, über mehrere Jahrzehnte auch in der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften.


NS-Zeit


Lore Kutschera war unter anderem beim Bund Deutscher Mädel sehr engagiert, und sie heiratete 1942 einen SS-Mann. Nach 1945 fand keine wirkliche Beschäftigung ihres politischen Engagements während des Nationalsozialismus statt.[1]


Ehrungen und Auszeichnungen



Hauptwerke



Literatur





Einzelnachweise


  1. Portraits von Klagenfurter Powerfrauen. In: kaernten.orf.at. 11. März 2021, abgerufen am 25. April 2021.
Personendaten
NAME Kutschera, Lore
ALTERNATIVNAMEN Kutschera, Eleonore (wirklicher Name); Belani, Eleonore (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG österreichische Botanikerin und Wurzelforscherin
GEBURTSDATUM 14. September 1917
GEBURTSORT Villach, Kärnten
STERBEDATUM 16. Oktober 2008
STERBEORT Klagenfurt



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