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Walahfrid von der Reichenau (auch Walahfried oder Walafried), latinisiert (Walafridus) Strabo (deutsch Walachfried der Schieler) oder – wie er sich selbst auch nannte – Strabus, (* 807[1][2] in Schwaben; † 18. August 849 in der Loire im westfränkischen Reich) war ein Benediktiner, Dichter, Botaniker, Diplomat und von 842 bis 849 Abt des Klosters Reichenau.


Leben


Walahfrid war von niederer, alemannischer Herkunft und wurde am Bodensee geboren.[3] Bereits im Kindesalter wurde er von seinen Eltern als Oblate in das Kloster in Reichenau gegeben. Nachdem er 823/824 seine Profess abgelegt hatte, begab er sich 825 zum Studium in das Kloster Fulda, wo er von Rabanus Maurus unterrichtet wurde. Dort lernte er Gottschalk von Orbais kennen, mit dem er in lebenslanger Freundschaft, die in zahlreichen Gedichten ihren Niederschlag fand, verbunden blieb. In den Jahren 829 bis 838 befand er sich am Hof Kaiser Ludwigs des Frommen in Aachen und war dort Kapellan der Kaiserin Judith. Traditionell galt er auch als Erzieher Karls des Kahlen. Dies scheint jedoch durch die neuere Forschung widerlegt[4]. Nicht nur in Fulda, sondern auch in Aachen quälten ihn große Heimwehgefühle nach der Insel Reichenau, die er in seinem persönlichsten Gedicht, dem Metrum Saphicum zum Ausdruck brachte.

Kaiser Ludwig der Fromme ernannte Walahfrid 838 zum Abt des Klosters Reichenau, um ihn für seine treuen Dienste am Hofe zu entlohnen. Dies widersprach jedoch dem Recht des Konvents auf freie Abtswahl. Die Konventsmitglieder widersetzten sich dem Wunsch des Kaisers und wählten stattdessen Ruadhelm zum Nachfolger Abt Erlebalds.[5]

Als es nach dem Tod Ludwigs des Frommen zwischen seinen Söhnen zum Streit um die Reichsaufteilung kam, schlug sich Walahfrid Strabo auf die Seite Lothars I. und war deshalb gezwungen, das Kloster Reichenau wieder zu verlassen, da dieses im Machtbereich Ludwigs des Deutschen lag. Er befand sich fast zwei Jahre im Exil in Speyer, bevor er sich unter der Vermittlung Grimalds mit Ludwig dem Deutschen versöhnte, 842 wieder auf die Reichenau zurückkehren und sein Amt als Abt aufnehmen konnte.

Im Alter von 42 Jahren ertrank Walahfrid am 18. August 849 in der Loire. Damit verlor die Insel Reichenau viel von ihrer Bedeutung als eines der wichtigen Zentren der abendländischen Religion.


Ehrungen


Nach ihm benannt ist die Pflanzengattung Walafrida E.Mey. aus der Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae).[6] Zwei Schulen tragen Strabos Namen, die Walahfrid Strabo Schule in Reichenau[7] und das Walahfrid-Strabo-Gymnasium in Rheinstetten.[8]


Werke


Walahfrid zählt zu den bedeutendsten Dichtern der karolingischen Renaissance.

824 verfasste er die Visio Wettini, welche in lateinischen Hexametern die zunächst von dem resignierten Abt Heito in Prosa festgehaltene Sterbevision seines Lehrers Wetti wiedergibt. Walahfrids Werk ist die früheste dichterische Umsetzung einer mittelalterlichen Jenseitsvorstellung; er gab damit den Anstoß zum Wiederaufleben einer Gattung, die in der Divina commedia Dantes ihren unüberbietbaren Gipfelpunkt erreichen sollte. In der Visio wird geschildert, wie Wetti unter Führung eines Engels durch die Unterwelt wandert und dort die Bestrafung der verschiedensten Sünder beobachtet, unter ihnen auch Karl der Große. In der Einleitung bietet Walahfrid eine Übersicht über die Geschichte der Insel Reichenau sowie Kurzbiographien Heitos und des „regierenden“ Abtes Erlebald.

Um 840[9] schrieb er den Liber de cultura hortorum („Buch über die Kultivierung der Gärten“), auch bekannt als Hortulus, eines der bedeutendsten botanischen und gartenkundlichen Werke des Mittelalters. In Versform sind in diesem Werk 24 Heilpflanzen aufgeführt.

Ein weiteres bedeutendes Werk ist De imagine Tetrici, eine Kritik an der von Karl dem Großen veranlassten Überführung der Statue des Ostgotenkönigs Theoderichs des Großen von Ravenna nach Aachen.

Der Codex Sangallensis 878 enthält das sogenannte Vademecum des Wahlafrid, ein persönliches Handbuch, in das er seit seiner Jugend Eintragungen unter anderem zu Grammatik und Metrik, zu bemerkenswerten Ereignissen, zu Medizin und Landwirtschaft gemacht hat. Es stellt zudem eines der wenigen bekannten Autographen einer bedeutenden Persönlichkeit aus dem frühen Mittelalter dar.


Literatur



Handschriften


De cultura hortorum ist in sieben Handschriften überliefert:


Frühe Drucke



Werkausgaben und Übersetzungen



Sekundärliteratur





Einzelnachweise


  1. Walter Berschin: Walahfrid Strabo und die Reichenau. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach/Neckar 2000. ISBN 3-933679-45-1, S. 14.
  2. Walter Berschin: De cultura hortorum (Hortulus). Das Gedicht vom Gartenbau. 2. Auflage. Mattes, Heidelberg 2010. ISBN 978-3-86809-040-6, S. 7.
  3. Konrad Beyerle: Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724–1427). In: Konrad Beyerle (Hrsg.): Die Kultur der Abtei Reichenau. Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724–1924. 1. Teilband. Verlag der Münchner Drucke, München 1925, S. 55–212, hier S. 93.
  4. Irmgard Fees: War Walahfrid Strabo der Lehrer und Erzieher Karls des Kahlen? In: Matthias Thumser. Annegret Wenz-Haubfleisch, Peter Wiegand (Hrsg.): Studien zur Geschichte des Mittelalters. Jürgen Petersohn zum 65. Geburtstag. Theiss, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1448-4, S. 42–61.
  5. Konrad Beyerle: Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724–1427). In: Konrad Beyerle (Hrsg.): Die Kultur der Abtei Reichenau. Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724–1924. 1. Teilband. Verlag der Münchner Drucke, München 1925, S. 55–212, hier S. 99.
  6. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
  7. ghs-reichenau.de
  8. www.wsg-rheinstetten.de
  9. Johannes Gottfried Mayer, Konrad Goehl: Kräuterbuch der Klostermedizin. Reprint-Verlag Leipzig 2013, ISBN 978-3-8262-3057-8, S. 29.
VorgängerAmtNachfolger
RuadhelmAbt von Reichenau
842–849
Folkwin
Personendaten
NAME Walahfrid Strabo
ALTERNATIVNAMEN Walahfrid von der Reichenau; Walahfried Strabo; Walahfried von der Reichenau
KURZBESCHREIBUNG fränkischer Dichter und Diplomat des frühen Mittelalters, Benediktiner, Abt des Klosters Reichenau
GEBURTSDATUM 807
GEBURTSORT am Bodensee, Frankenreich
STERBEDATUM 18. August 849
STERBEORT Loire, Westfrankenreich

На других языках


- [de] Walahfrid Strabo

[es] Walafrido Strabo

Walahfrid Strabo o Walahfrid von der Reichenau, latinizado Walafridus Strabo, españolizado Walafrido o Walafredo Estrabón (Suabia, 808 - 18 de agosto de 849), filósofo, teólogo, botánico y poeta carolingio alemán.

[ru] Валафрид Страбон

Ва́лафрид Страбо́н (лат. Walahfrid или Walafrid Strabo; Валафрид Косой, Валафрид из Райхенау; 808/809[1]—18 августа 849[1]) — средневековый латинский поэт и богослов, с 838 года — аббат монастыря Райхенау. Известен тем, что записал хронику Тегана.



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